Fan-Art zum Buch "Der Magier der Erdsee"
Geds Rückkehr
Nachdem sich die unendliche Müdigkeit und die Erschöpfung der anstrengenden Reise
gelegt hatten, begannen die vergangenen Ereignisse in Geds Erinnerung aufzutauchen und ihm mehr und mehr
zuzusetzen. Des Nachts lag er oft Stunden wach und schaute im Licht der flackernden Kerze reglos ins Nichts.
Angst kroch unaufhaltsam in ihm hoch, eine Angst, der er mit jeder Minute, jeder Stunde, jedem Tag weniger
entgegenzusetzen hatte. Ged kannte dieses Gefühl nur zu gut, aber in dieser einen nicht enden wollenden Nacht
breitete es sich so unaufhaltsam aus, dass er ihm nur noch entfliehen konnte, indem er sein Bett verließ.
Ged begann im restlichen Schein der erlöschenden Kerzen durchs Haus zu gehen. Die Bewegung tat ihm gut und
er fühlte sich schon nach kurzer Zeit ruhiger und sicherer, zurück im Bett jedoch überfielen ihn die Ängste
mit unverminderter Stärke, so dass Ged erneut aufstand und in den engen Fluren auf- und abwanderte.
Nachdem sich dieses einige Male wiederholt hatte, bemerkte Ged, dass ihn seine Füße, ohne dass es ihm
wirklich bewusst gewesen wäre, zur Tür von Ogions Zimmer getragen hatten. Leise stand Ged dort und fragte
sich, ob sein Meister wohl schliefe, aber da er keinen anderen Rat mehr wusste, öffnete Ged vorsichtig die
Tür und trat an Ogions Bett.
"Meister, ich habe Angst", flüsterte Ged in die Stille und lauschte auf eine Antwort.
Ogion öffnete langsam die Augen und sah Ged an.
"Du hast Angst, Sperber?"
"Ja, Meister."
Ogion schien eine Weile zu überlegen, doch dann hob er seine Decke ein wenig und bedeutete Ged, sich zu ihm
ins Bett zu legen, und Ged nahm das unerwartete Angebot in tiefer Dankbarkeit an. Nach kurzer Zeit schon
verlor sich die Angst in der Stille und Ged konnte das erste Mal seit Tagen ruhig und sicher schlafen.
Obwohl Ogion, genau wie Ged, dieses nächtliche Treffen tagsüber mit keinem Wort erwähnte, war Ged seine
Schwäche mehr als unangenehm und er nahm sich vor, sich von seiner Angst nicht noch einmal dazu verleiten
zu lassen, bei Ogion Schutz zu suchen. Er versuchte, ihr zu begegnen, indem er nachts las oder Übersetzungen
anfertigte und erst zu Bett ging, wenn ihm vor Müdigkeit die Worte verschwammen.
Eines Nachts aber, nachdem Ged aus einem schlimmen Traum erwacht war und zitternd und verschwitzt vor
dem Feuer kauerte, kam Ogion zu ihm. Er sprach kein Wort, sondern er begann, Ged zu berühren. Er legte
seine Hände auf verschiedene Stellen an Geds Körper und Ged fühlte sofort, wie eine starke
Energie zu fließen begann. Er wusste, dass Ogions Hände die Kraft besaßen, zu heilen, aber diese Wärme und
dieser tiefe Frieden, die sie in seinem Körper und in seiner Seele erzeugten, überwältigten ihn
und so konnte er zum ersten Mal seinem ganzen Schmerz mit unzähligen Tränen Ausdruck verleihen.
***
Der Frieden dieser durchweinten Nacht dauerte an. Es war, als würde das Leben Ged Zentimeter für Zentimeter
zurückerobern und er genoss die Veränderung, die es in ihm bewirkte. Er begann, sich wieder zu freuen und
sich manchmal auch zu fragen, was die Zukunft wohl für ihm bereithielte.
Aber noch etwas anderes hatte sich verändert. Nahezu unbemerkt wuchs in Ged ein unbestimmtes Gefühl von
Einsamkeit, wie eine Sehnsucht oder ein Wunsch nach Geborgenheit. Er konnte es fühlen, wenn er alleine in
seinem Bett lag und der Stille der endlosen Winternächte lauschte. Zuerst noch vage und unbestimmt wurde es
immer stärker und benahm Ged nun anstelle der Angst den Schlaf.
In einer besonders kalten und stürmischen Nacht, als der Schnee wild ums Haus stob, hörte Ged Meister Ogion
leise über den Flur gehen. Ged stand auf, zog sich an und ging nach nebenan, um zu sehen, was den Meister
umtrieb. Ogion stand an der Herdstelle und schürte das Feuer.
"Mir war kalt", sagte er, als er Ged erblickte, und ließ sich in einem Sessel nahe der Flammen nieder.
Ged setzte sich auf einen Stuhl neben ihm und beide genossen die wohltuende Wärme und das Knistern des Feuers.
Sie sprachen wenig und als sich Ogion nach einiger Zeit erhob, um schlafen zu gehen, ging auch Ged
wieder in sein Zimmer zurück.
Gegen Morgen, nach einigen sich schier endlos dahinschleppenden Stunden in denen Ged mit nur mäßigem Erfolg
versucht hatte, weiterzuschlafen, verließ er sein Zimmer erneut, um irgendwo im Haus nach einer Beschäftigung
zu suchen. Doch auf seinem Weg ins Arbeitszimmer bemerkte er, dass auch in Ogions Zimmer Kerzen schimmerten.
Ged fragte sich, warum der Meister nicht ruhte und klopfte leise an.
Ogion lag an die Wand gelehnt in seinem Bett und suchte etwas in alten Aufzeichnungen, die in einer Schrift
verfasst waren, die Ged noch nie gesehen hatte.
"Könnt Ihr nicht schlafen?", fragte Ged.
"Nein, das Einschlafen fällt mir zur Zeit nicht leicht." Und dann fügte er hinzu: "Wollen wir uns etwas
unterhalten?", und bot Ged an, sich neben ihn zu setzen.
Ged machte es sich mit einigen Kissen neben Ogion, der seine Aufzeichnungen zur Seite gelegt hatte, bequem
und sie begannen über dieses und jenes zu reden, hauptsächlich über das besonders unwirtliche Wetter und die
mühsamen Arbeiten, die in den kommenden Wochen zu erledigen waren. Doch nach kurzer Zeit wurden beide immer
schläfriger und sanken nach und nach tiefer in die Kissen.
Als die letzte Kerze erlosch, legte sich Ogion zum Schlafen auf die Seite. Ged tat es ihm nach, schob ein
paar Kissen beiseite und rutschte etwas weiter unter die Decke, bis er neben Ogion lag. Als er schläfrig
und warm gebettet noch etwas über das Holz nachdachte, welches jemand (er vermutete, er selbst) am nächsten
Morgen ohne Magie (weil Ogion darauf bestand) durch das Schneegestöber zum Haus befördern musste, fühlte Ged
plötzlich, dass Ogions Hand seine eigene berührte. Ged, der in diesem Zustand, wo er dem Schlaf näher als
dem Wachsein war, keine Kontrolle mehr über seine Gefühle hatte, nahm Ogions Hand in seine und noch während
er einschlief, hatte er den Eindruck, dass Ogion seine Berührung ganz zart erwiderte.
***
Nachdem sich Ged am nächsten Vormittag des Holzes angenommen hatte, fasste er
einen Entschluss. Ogion war bereits aufgestanden, als Ged mit dem letzten Korb in den Händen das Haus betrat.
Ged grüßte durch die angelehnte Tür, schüttete das restliche Holz auf dem vorher sorgsam gestapelten Haufen
aus und ging in sein Zimmer, wo er eilig ein paar Sachen zusammenpackte. Als Ged eine Viertelstunde später
Ogions Arbeitszimmer betrat, studierte dieser versunken ein langes Pergament.
Ged machte kurz auf sich aufmerksam und teilte Ogion dann in wenigen Worten mit, dass er für ein paar Tage
fortgehen müsse, um ein paar dringende Angelegenheiten zu erledigen. Ogion sah ihn nur flüchtig an und
wünschte ihm viel Erfolg. Ged packte noch etwas Proviant in einen Beutel und machte sich bald darauf trotz
des Wintersturmes auf den Weg nach Norden.
Er folgte eine Weile dem Pfad, der in die nächstgelegene Stadt führte, bog dann aber östlich ab und ging
hinauf in die Berge, von denen er wusste, dass sich dort kleine Hütten befinden, die im Winter leerstehen
und in die sich verirrte Wanderer, die Schutz benötigen, zurückziehen können. Und genau wie ein verirrter
Wanderer fühlte sich Ged.
Nach fast zwei Stunden Fußmarsch fand er endlich eine Hütte, die ihm weit genug entfernt erschien, und betrat
sie. Er entfachte ein magisches Feuer gegen die Kälte, setzte sich so nah er konnte an die lodernden Flammen
und begann seine kreisenden Gedanken zu ordnen.
Das erwies sich allerdings als schwieriger, als Ged es vermutet hatte, und so verbrachte er drei Tage und
Nächte in dieser einsamen Hütte, die ihm wie eine sichere Insel im tiefen, endlosen Ozean erschien.
Der Wind wurde zur Brandung und der Schnee zur Gischt. Er ruhte tagsüber und wachte in der Nacht, als hoffte
er darauf, dass aus der Dunkelheit Antworten auftauchten und damit seine drängendsten Fragen zur Ruhe kommen
ließen. Doch nichts geschah.
Dann aber zu Beginn der vierten Nacht, während der Sturm so stark wurde, dass Ged schon überlegte, ob es
vielleicht besser sei, die kleine, vom Wind geplagte Hütte magisch zu verstärken, breitete sich zuerst
unmerklich, dann immer deutlicher eine Klarheit in seinen Gedanken aus, die er so nicht kannte. Er suchte
seine wenigen Sachen zusammen, wickelte sich fest in seinen Umhang und verließ die Hütte trotz des tosenden
Sturmes. Er brauchte für den Rückweg um einiges länger, als er für den Hinweg gebraucht hatte, doch als er
nach mehreren Stunden bei Ogions Haus ankam, war er zwar nass und durchgefroren, aber er fühlte sich weder
müde noch erschöpft, sondern im Gegenteil sehr wach und auf eine verrückte Art und Weise zu allem bereit.
Ged wollte zuerst in sein Zimmer gehen, um zu überlegen, wie er das, was ihm selbst auf einmal so klar
erschien, seinem Meister unterbreiten konnte, doch als er seine Tür öffnete, hörte er schon Ogions Stimme:
"Bist du zurück, Sperber?"
Nur das Leuchten seines Stabes ließ einen kleinen Lichtschein in Ogions Zimmer fallen, aber Ged sah sofort,
dass ihn Ogions Augen ohne eine Spur von Müdigkeit aufmerksam anblickten.
Ged begann: "Meister, ich habe nachgedacht. Ich möchte fortan bei Euch bleiben, hier bin ich sicher,
ich spüre es, und ich könnte mein Studium wieder aufnehmen. Bei Euch kann ich Dinge lernen, die in Rok nicht
gelehrt werden, aber die ich lernen möchte. Meister, kann ich bei Euch bleiben?"
Ogion sah Ged lange und nachdenklich an, bevor er sprach: "Ged, mein Junge, überlege dir, ob du das
wirklich willst. Du bist ein ausgebildeter Zauberer, du kannst gehen, wohin du willst, und du wirst überall
willkommen sein. Du brauchst mich nicht."
"Doch, ich brauche Euch, denn vom wirklichen Leben, von allen großen und kleinen Zusammenhängen, von der
Einheit aller Dinge und von vielem anderen verstehe ich nur wenig."
"Ged, bitte überlege es dir eine Weile. Du kannst hierbleiben, wenn du möchtest, aber tue es nicht aus
den falschen Gründen."
Ged, der mit einer deutlich anderen Reaktion gerechnet hatte, wusste daraufhin nichts
zu erwidern. Er verharrte noch einen kurzen Moment, dann wünschte er Ogion eine gute Nacht und begab sich
nach nebenan, um sich seines nassen Umhanges zu entledigen und sich ein wenig am noch brennenden Feuer
aufzuwärmen. Aber aus irgendeinem Grund erschien es ihm, als würde die Hitze der Flammen nur seine
äußersten Schichten erreichen. Er fühlte die Wärme, die ihn berührte, aber in seinem Inneren tobte der Sturm,
durch den er gewandert war, ungehindert und entfesselt weiter.
Die Stunden vergingen und die Flammen waren längst erloschen, als Ged seine andauernden Anstrengungen,
über den Verstand zu einer Lösung zu kommen, endlich aufgab. Wie als Antwort beruhigte sich das Chaos in
seinem Inneren und Ged begann immer deutlicher ein Gefühl wahrzunehmen, welches ihm seltsam bekannt vorkam,
aber dessen Namen er bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannte. Er erhob sich langsam und ging zurück zu Ogion.
"Meister ... ", sagte er leise, dann stand er eine Weile einfach nur da und blickte ins Dunkle.
Ogion regte sich nicht, doch als Ged sich zum Gehen umwandte, vernahm er Ogions ruhige Stimme:
"Komm zu mir." Und Ged zog sich aus und legte sich neben ihn.
***
Was in der Dunkelheit der Nacht, die die Gedanken schwächt und jedes Gefühl verstärkt,
von alles durchdringender Klarheit ist, kann im erwachenden Licht des Morgens Verwirrung und Angst bringen.
Ged wusste nun um seine Wünsche und Sehnsüchte, aber genauso schämte er sich für sie. Ogion gab ihm alles,
was er suchte und brauchte. Er hatte die Ruhe, die Ged fehlte, und er konnte Ged die Geborgenheit und die
Sicherheit geben, nach der er sich mehr als alles andere sehnte. Bei ihm hatte Ged das Gefühl, endlich
angekommen zu sein, und der warme Glanz, den er in Ogions sonst so undurchdringlichen Augen gesehen hatte,
ließ ihn erahnen, dass es seinem Meister genauso ging.
Trotzdem wusste Ged nicht, ob das, was passiert ist, ein Fehler war oder nicht, und Ogion schien es nicht
anders zu ergehen. Beide sprachen wenig und mieden den direkten Kontakt. So verstrichen einige Tage und
es kam Ged sehr gelegen, dass Ogion eines Morgens in die Stadt gerufen wurde und erst am späten Abend
heimkehrte. Ged lag zu diesem Zeitpunkt schon lange im Bett und als sich einige Zeit später seine Tür öffnete
und Ogion hereintrat, blieb Ged ruhig liegen, da er hoffte, dass sein Meister das Zimmer dann bald wieder
verließe.
Aber Ogion ging nicht, wie es Ged erwartet hatte. Stattdessen setzte er sich zu Ged ans Bett und
strich ihm sanft über sein schulterlanges Haar.
"Wie geht es dir, Ged?"
Ged musste seinen gesamten Mut zusammennehmen, als er leise antwortete:
"Ich weiß es nicht, aber ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht, als ich mich ... "
"Nein Ged", unterbrach ihn Ogion, "wenn, dann muss ich mich fragen, und das tue ich schon seit Tagen,
ob es richtig war, dich zu mir zu holen."
"Es war spät Meister und ich habe Euch unter Druck gesetzt, ich ... " Ged zögerte.
"Du musst mich nicht Meister nennen. Ich lerne von dir wie du von mir."
"Ihr wart mein Meister, Ihr seid mein Meister und Ihr werdet immer mein Meister sein", flüsterte Ged,
"und mein Fehler tut mir leid."
Ogion erwiderte nichts. Er blickte Ged noch eine Weile schweigend an und stand dann auf, um das Zimmer zu
verlassen. Aber bevor Ogion die Tür hinter sich schloss, hörte Ged ihn ganz leise, wie zu sich selbst, sagen:
"War es denn wirklich ein Fehler?"
***
Ged schlief in dieser und auch in den kommenden Nächten sehr wenig und wenn er schlief,
dann träumte er unruhig. Seine Gefühle und die Sehnsucht nach Ogion waren so stark, dass es weh tat, aber
die Angst, die er vor sich selbst und davor, etwas Falsches zu tun, hatte, war stärker.
So verbrachte Ged viel Zeit alleine in seinem Zimmer und las. Nachts saß er oft stundenlang in seinem Sessel
und schaute aus dem Fenster zu den Sternen hinauf. Sie wirkten so weise und er fragte sich manchmal,
ob die Sterne vielleicht die Zukunft voraussahen oder ob sie nur uralte und stumme Zeugen der Geschehnisse
auf dieser Welt waren.
In der Mitte einer klaren und kalten Nacht trat Ged vor die Tür. Er war alleine, denn Ogion hatte das Haus
am Abend verlassen und war zu Feierlichkeiten in den nahe gelegenen Ort gegangen. Ged atmete tief und genoss
den Frieden, den die unter dem Schnee verborgene, schlafende Natur ausstrahlte. Vom Dorf klang Musik herüber
und Ged lauschte ihr eine Weile. Es war keine Musik, wie Ged sie kannte. Sie wirkte traurig und hoffnungsvoll
zugleich, sie floss durch ihn hindurch, sie berührte seine Seele und brachte sein Herz zum Klingen.
Es schwang mit der Musik und es schien Ged, als wollte es ihm etwas sagen, und so begann er, ihm einfach nur
zuzuhören. Und sein Herz fing an zu erzählen. Es erzählte ihm von seiner Einsamkeit, von seiner Sehnsucht,
von dem Schmerz, den es trug, und von dem Wunsch nach Freude und Leben. Es sprach von der Liebe, die ihm
fehlte, von seinen geheimsten Wünschen und von dem Frieden, den es suchte.
Ged wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, doch als sein Herz zu Ende gesprochen hatte, war auch
die Musik verklungen und in der Stille, die alles durchdrang, klang nur noch eine einzige Frage in ihm nach.
'Wovor hast du Angst?'
***
Als Ogion spät in der Nacht nach Hause kam, saß Ged am Feuer und wartete.
Ogion trat herein.
"Hab eine angenehme Nacht, Sperber!"
"Ogion, ich wünsche mit Euch zu sprechen."
Nach diesen Worten wandelte sich die Energie im Raum und Ged konnte zu seinem Erstaunen etwas fühlen,
was er nie zuvor wahrgenommen hatte. Sein Meister, der sonst in allem, was er tat, eine tiefe Ruhe und
Sicherheit ausstrahlte, wirkte verunsichert.
Ogion sah Ged nicht an, aber Ged sprach trotzdem weiter:
"Ich habe gewartet, um Euch zu sagen, dass ich hierbleiben möchte. Mein Platz ist bei Euch und nirgendwo
anders. Aber meine Entscheidung hängt von Eurer Entscheidung ab und ich möchte hier und jetzt wissen,
was Ihr wünscht und ob es für mich diese Möglichkeit, bei Euch zu bleiben, gibt oder nicht."
Ged wartete eine Weile und als Ogion keine Antwort gab, fragte er noch einmal:
"Meister, kann ich bleiben?"
Doch Ogion antwortete auch dieses Mal nicht, sondern trat nur ein paar Schritte weiter in den Raum und
ließ sich in einem Sessel etwas abseits des Feuers nieder.
Auch Ged saß einfach nur da und wartete. Er lehnte sich mit verschränkten Beinen gegen die Kissen und die
tanzenden Flammen warfen flackernde Schattenspiele auf sein Gesicht.
Eine Ewigkeit schien vergangen, als Ogion seinen Kopf hob. Ged konnte im schwachen Licht erkennen,
dass sich in Ogions müden Augen Tränen gebildet hatten, die ihm nun über die Wangen liefen und sich
in seinem Umhang verloren.
Ihre Blicke trafen sich und in diesem kurzen Moment voller Zweifel und Unsicherheit fühlte Ged,
wie tief der Schmerz der langen Jahre voller Einsamkeit in Ogions Seele brannte.
Als Ogion leise zu sprechen begann, mit einer Stimme, die ruhig und doch rau und brüchig klang,
sagte er nur wenige Worte, aber diese Worte hatten die Macht, alle Fragen für alle Zeiten zu beantworten.
"Ged", sprach er, "ich liebe dich."
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